Inflation: Welche Lebensmittel jetzt besonders teuer geworden sind - Hamburger Abendblatt

2023-01-05 16:09:17 By : Ms. Emma Yin

Lebensmittel sind bis zu 109 Prozent teurer geworden (Symbolbild).

Foto: IMAGO / Sven Simon

Einkauf in Hamburger Geschäften verteuert sich binnen eines Jahres kräftig. Günstiger werden nur wenige Produkte. Der große Vergleich.

Hamburg.  „Der Himmlische“ heißt eine Kaffeesorte von Mövenpick – doch wer auf das Preisschild in einem Edeka-Supermarkt im Hamburger Norden schaut, droht eher den Boden unter den Füßen zu verlieren. 7,89 Euro wird für ein Pfund des Koffeinspenders verlangt. Der „Hallo-wach-Effekt“ stellt sich schon beim Betrachten des Preisschilds am Regal ein – auch ohne Kaffeegenuss.

Die Preise in Deutschland steigen in einem seit sieben Jahrzehnten nicht mehr gekannten Maß. Auf zehn Prozent schätzt das Statistische Bundesamt Destatis die Inflationsrate im September im Vergleich zum Vorjahresmonat. Maßgeblicher Treiber sind vor allem die Energiepreise. Aber auch die Nahrungsmittel steigen mit 18,7 Prozent überdurchschnittlich stark. Detailwerte für einzelne Produktgruppen wollen die Statistiker erst am 13. Oktober bei der Festlegung der endgültigen Teuerungsrate präsentieren.

Unsere Redaktion hat sich schon jetzt bei Aldi, Edeka und Rewe umgesehen und vergleicht in einer nicht repräsentativen Stichprobe die Preise aus der vergangenen Woche mit einer Untersuchung, die wir im Oktober vergangenen Jahres gemacht haben.

Milch, Cola, Gummibärchen, Obst und Gemüse – wie stark wirkt sich die Teuerung an konkreten Produkten aus? Fazit: Fast alles ist wie erwartet teurer geworden, einige Preise bleiben stabil, einige sinken sogar – aber das hat meist nur einen Grund: Sonderangebote.

Die Ergebnisse des Tests: Die größte prozentuale Verteuerung wird binnen zwölf Monaten bei Gurken von Rewe ermittelt. 109 Prozent kosten sie nun mehr (siehe Grafik). Mit einem Stückpreis von 1,15 Euro sind sie beim Kölner Handelskonzern aber immer noch günstiger als beim Konkurrenten Edeka. Satte 1,99 Euro verlangt die Genossenschaft mit Sitz in der City Nord in dem ausgewählten Geschäft im Hamburger Norden. Der Discounter Aldi, der für sich die Preisführerschaft reklamiert, ist mit 1,09 Euro am günstigsten – kräftige Verteuerungen von mindestens 68 Prozent gibt es aber bei allen drei Händlern.

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Auch bei den anderen Obst- und Gemüsesorten ist der Trend eindeutig: Die Preise gehen nach oben. Zwar gibt es Ausnahmen wie zum Beispiel die Möhren bei Rewe. Allerdings handelte es sich um einen Angebotspreis für eine Zwei-Kilogramm-Packung, die eine Vergünstigung um umgerechnet ein Drittel bewirkt.

Auch im langfristigen Bereich zeigt sich, dass sich meist ein höheres Preisniveau verfestigt hat. Im vergangenen Jahr waren Kiwis der größte Ausreißer: 2013 – bei einem früheren Preischeck unserer Redaktion – waren sie in einer Edeka-Filiale für 19 Cent das Stück zu haben, im Oktober 2021 waren es 59 Cent – dabei blieb es auch in der vergangenen Woche. Das Kilogramm Rispentomaten kostete 2013 bei Aldi 89 Cent – nun sind es 2,49 Euro. Rote Paprika war vor neun Jahren für 1,29 Euro zu haben, nun sind es 3,49 Euro.

Grundsätzlich ist dabei zu berücksichtigen: Die Preise insbesondere für Obst und Gemüse schwanken traditionell stark, vor allem in Abhängigkeit von Wettereinflüssen, die sich auf die Erntemenge und auf die Qualität auswirken. In einem gewissen Maß wirkt sich dies auch auf die von den Herstellern aus Ost und Gemüse produzierten Lebensmittel aus.

Vor allem Süßwarenhersteller ziehen die Preise deutlich an. Ferrero Küsschen sind bis zu 25 Prozent teurer, Haribo Goldbären bis zu 15 Prozent, eine Tafel Milka Schokolade bei Rewe und Aldi um zwölf Prozent. Dass Edeka den Preis stabil hält, hat einen einfachen Grund: Die Tafel Milka ist vergangene Woche im Angebot. Rabattpreise werden bei den Stichproben stets berücksichtigt, aber in der Tabelle nicht gesondert ausgewiesen. Sonderangebote sind der Grund für fast alle gefallenen Preise, wie zum Beispiel beim Kühne Rotkohl bei Edeka oder Bananen bei Rewe. Übrigens hat nicht jede Tafel Schokolade noch 100 Gramm Inhalt, manchmal werden inzwischen auch nur noch 90 Gramm abgepackt.

Genaues Hinschauen empfiehlt sich also – auch bei Nutella. Ferrero verkauft seine Haselnusscreme in vielen unterschiedlichen Glasgrößen. Wer vor einem Jahr zum größeren Glas Nutella griff, holte häufig 880 Gramm Inhalt aus dem Regal. Derzeit stehen in den Supermärkten mit 750 Gramm gefüllte Gläser.

Es ist ein beliebter Trick der Hersteller, die Packungsgröße zu verringern, um so den Preis möglichst stabil zu halten oder zumindest Schwellenwerte nicht zu überschreiten. Der Nutella-Preis liegt nun bei 4,29 Euro – umgerechnet mindestens 18 Prozent mehr. Bei alter Glasgröße wären es 5,03 Euro gewesen. Auch Aldi ruft 4,29 Euro auf. Doch sind beim Discounter 750 Gramm plus 75 Gramm gratis im Glas, wie das Regalschild verrät – vorhanden war die Nuss-Nougat-Creme nicht mehr.

Heinz ging den umgekehrten Weg: Die Squeeze-Flasche wird nun mit 500 statt früher 450 Millilitern Ketchup befüllt. Der Grund dürfte darin gelegen haben, dass der Schwellenwert von unter 2 Euro dauerhaft wohl nicht mehr gehalten werden konnte. Der Blick in alte Unterlagen zeigt: 2013 wurde nur 1,59 Euro für die Flasche verlangt. Nun werden bei Aldi und Edeka 2,99 Euro gefordert – unterm Strich kostet die Tomatensoße mindestens 20 Prozent mehr als vor einem Jahr. Wer es genau wissen will, sollte sich also den Grundpreis anschauen. Am Ladenregal muss dieser pro Liter oder Kilogramm angegeben werden – häufig geschieht dies aber leider in kleiner Schrift.

Ein eiskalter Schauer dürfte Freunden der italienischen Fertigküche beim Blick in den Tiefkühlschrank über den Rücken fahren. Wer auf die Salami-Pizza von Dr. Oetker steht, muss dafür deutlich mehr bezahlen. 3,49 Euro kostet der belegte Teigfladen bei Aldi – ein Plus von 40 Prozent. Rewe ist vergangene Woche einen Euro günstiger, weil es das Produkt im Angebot hat. Vor einem Jahr war dies auch der Fall: Damals kostete die Salami-Pizza allerdings nur 1,66 Euro. Und wer sich über die 99 Cent für die Packung Frischkäse von Philadelphia freut: Auch dies ist einer Rabattaktion geschuldet. Regulär gibt Aldi den Preis mit 1,85 Euro an. Statt einer Vergünstigung von 34 Prozent ist der Normalpreis um 24 Prozent gestiegen.

Auch vor den Basisprodukten machen die Preiserhöhungen nicht halt. Das Pfund Butter der günstigen Handelsmarken schlägt jetzt mit 2,29 Euro zu Buche – 70 Prozent mehr. Der Liter H-Milch mit 3,5 Prozent Fettanteil kostet 1,09 Euro – plus 36 Prozent. Der Kilopreis für ein Stück abgepackten Gouda liegt unisono bei 7,76 Euro – plus mindestens 21 Prozent. 500 Gramm Toastbrot kosten 99 Cent – plus 43 Prozent. Die 1,5-Liter-Flasche günstiges Mineralwasser ist nun für 25 statt jahrelang 19 Cent zu haben. Aldi verlangt für 500 Gramm gemischtes Hackfleisch 3,99 Euro – plus 33 Prozent. Für zehnmal 200 Blatt dreilagiges Toilettenpapier werden nun 3,75 Euro gefordert – plus 32 Prozent.

Um diesen Wert ist übrigens auch Kaffee bei Aldi teurer geworden. Die Hausmarke wird nun für 4,99 Euro verkauft. Auch in dem Edeka-Markt mit dem teuren Himmlischen-Kaffee kostet die Handelsmarke im untersten Regal so viel – dort werden viele der günstigen Eigenmarken positioniert. Häufig lohnt es sich zu bücken, wenn man sparen will. Manchmal nur zum zweituntersten Regal: Dort steht in dem Edeka-Markt der Melitta-Kaffee – und der ist für 4,29 Euro das Pfund in der vergangenen Woche im Angebot.

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